Chronik

Chronik des Kleingärtnervereins "Am Goethehain"e.V.

 

Vorgeschichte & Anfänge der Gartensparte (Mietsgärten) (1892 – 1925)

 

Nachdem 1839 die Stadtmauer von Mittweida abgerissen wurde und sich die Stadt immer weiter über ihre alten Grenzen ausbreitete, machten sich die Stadtväter von Mittweida Ende des 19. Jh. daran einen genauen Bebauungsplan zu erstellen. Dabei sollten alle freien Flächen der Stadt bestmöglichst ausgenutzt werden. In einem Dokument von 1892 wurde festgestellt, das hinter dem Gelände der Baumwollspinnerei ein größerer Streifen unbebautes Gebiet liegt, der keinen geeigneten nutzen findet. Dieser Streifen, der auch als Siechenhausberg bekannt war, hatte eine leichte Hanglage und war bis zum Schluss der Landvermessung übrig geblieben. Kurz darauf entschloss man sich hier ein Naherholungsgebiet in Form eines Parks anzulegen. Im Oktober 1895 begann die Gestaltung des Parks, die etwa Anfang 1898 abgeschlossen war. Im selben Jahr wurde der neu angelegten Anlage am Siechenberg, der Name „Am Bismarkhain“ beigelegt. Zum Heimatfest 1908 fand eine Geldsammlung zur weiteren Gestaltung des Bismarkhains statt.

 

Am 8. November 1920 wurde ein Beschluss vom Wirtschaftsausschuss der Stadt zur Planung der Mietsgärten am Bismarkhain gefasst und bis zum nächsten Jahr ausgesetzt. Der Antrag auf diesen Beschluss wurde bereits am 20. Oktober gestellt.

 

Anfang Juli 1921 kam es zu einer abschließenden Prüfung durch die Stadt Mittweida und ab dem

25. Oktober zur Freigabe des Grundstücks als „Mietsgärtenanlage“. Schon ab Sept./Okt. 1921 gab es die ersten Listen zur Bewerbung um ein Gartengrundstück. Die Anzahl lag am Anfang bei 32 Bewerbern. Die Grundstücke waren 200qm² groß. In Einzelfällen auch 180, 225 und 290qm².

Vom 19.01.1922 – 29.04.1922 wurden die ersten 58 Pachtverträge mit der Stadt geschlossen. Der Pachtbetrag lag am Anfang bei 30 Mark. Die Verträge waren vorerst bis zum 31. Dezember 1927 befristet. Schon kurz nachdem die ersten Verträge abgeschlossen waren, kam es vermehrt zu Pächterwechseln.

 

In einer Zusammenstellung der Gartenanlage vom 1. Januar 1922 kam es zu einigen Streichungen von Gärten in der nähe der katholischen Kirche. Der Grund dafür war der Bedarf an Ablageplatz von Bodenaushub. Hier hatte man vergessen das durch den Bau am Mühlfeld, Scheibenstraße und Schützenplatz mehr Ablageplatz benötigt wird. Leider hatte man das Land schon der Gartenanlage zugesprochen. Die Pächter mussten daraufhin ihre Gärten räumen und wurden anderweitig aufgeteilt. Alle anderen Möglichkeiten für geeignete Plätze wären für die Stadt zu teuer gewesen.

 

Am 12. April 1923 beschloss der Wirtschaftsausschuss die Erhöhung des Pachtbetrags auf 1 Mark pro qm². Dies entsprach einer Steigerung von über 600% zum ursprünglichen Pachtbetrags, ein Jahr zuvor. Die Stadt begründete diese Steigerung mit den gegenwärtigen „Teuerungsverhältnissen“ und deren Anpassung. Im Oktober 1923 kamen wieder 2 Gärten zur Gartenanlage hinzu. Diese wurden im Vorjahr für die Schuttablagerung außer Pacht genommen aber nicht genutzt. Nach mehrfacher Anfrage beim Wirtschaftsamt wurden diese wieder freigegeben. Es gab bereits 19 Interessenten für diese Gärten.

 

Ab 1924 gab es ein ständiges auf und ab der Pachtbeträge. Zum 01.01.1924 legte man einen Betrag von 0,5 „Rentenpfennig“ für den Quadratmeter fest. Dazu kamen 1 Rentenmark pro tragfähigen Obstbaum. Im April wurde durch Entwertung der Mark nochmal auf  0,6 Pfennig erhöht und ab 1925 sogar auf 2 Pfennig. Einigen Gartenanlagen der Stadt wurde auch noch eine Wasserabrechnung gemacht. Unsere Anlage betraf dies aber bis dato nicht.

Gründung des "Schreberverein am Bismarckhain" (1925 - Zeit vor 1945)

 

Am 30.6.1925 haben sich die damaligen Pächter der Gärten "Am Bismarckhain" zu einem Verein zusammengeschlossen. 53 Mitglieder umfasste der Verein am Gründungstag. Erster Vorsitzender, Initiator und Mitbegründer des Vereins war Max Kunze (1925-1931). Der monatliche Mitgliedsbeitrag wurde auf 20 Pfennige festgelegt. Ziele des Vereins sind:

 

      1. - Die Erhaltung der Gärten durch Sicherung einer langfristigen Pachtzeit zu gewährleisten.

      2. -Möglichkeiten des Ausbaus der Gärten schaffen, anpflanzen von Obstbäumen und die Schaffung

 einer Wasseranlage, was nur im Rahmen eines Vereins möglich ist.

 

Als Vereinslokal wurde zuerst das Restaurant Linde, an der Ecke Hainichener Straße/Fabrikstraße,  ausgewählt.

 

Zu den Vereinsversammlungen, die in den ersten Jahren fast immer monatlich stattfanden, wurde stets mit einer Sammelbüchse Geld für den Verein gesammelt. Das Ergebnis lag zumeist bei 2-3 Mark.

In den ersten Jahren war eine Vielzahl von An- und Abmeldungen zu verzeichnen. Dazu gehörten Pächter, wie auch neue Interessenten für einen Garten. Eine der ersten Maßnahmen im Verein war der Bau einer Wasseranlage.

 

Am 13. Juli 1925 stimmte das Bauamt der Schaffung eines Zugangsweges von der Hainichener Straße aus zu.

 

Am 29. Juli 1926 wurde dem Antrag auf Errichtung zweier Eingangstore, an den Haupteingängen zugestimmt. Allerdings musste die Stadt feststellen das der Verein diese Tore bereits ohne Genehmigung fertiggestellt hatte. Die Bedingung hierfür war, das dadurch die Öffentlichkeit nicht aus der Anlage ausgeschlossen wird und künftige Arbeiten ohne Genehmigung nicht wieder durchgeführt werden.

 

Bis 1934 bestanden noch Einzelpachtverträge der Vereinsmitglieder mit der Stadt. Erst am 05. Juni 1934 wurde ein Gesamtpachtvertrag von der Stadt mit den Vereinen sowie Unterpachtverträge vom Verein mit den Mitgliedern abgeschlossen.

Kleingartenanlage im Wachstum (1945 – 1970)

 

Nach dem Krieg kam es ab den späten 50iger Jahren zu vielen Erweiterungen der Gartenanlage:

 

-1956 Erweiterung um 7 Gärten Nr. 74 – 80

 

- Einige Jahre (vom Kriegsende bis 1958) gehörten vier Gärten an der katholischen Kirche zum Verein

  (jetzt Doppelhaus Klempner Lauckner)

 

 

- 1957, 1959, 1963 nochmals eine größere Anzahl neuer Gärten am unteren Ende beim Spielplatz auf den

   jetzigen Stand von 93 Gärten (19.521 m²)

 

In der Vereinsarbeit war die gesellige Seite von Anfang an bis in die 50iger Jahre, teilweise auch noch in den sechziger Jahren, sehr stark ausgeprägt. Das wurde neben den monatlichen Mitgliederversammlungen vor allem noch deutlicher in der Organisation und Durchführung von Gartenfesten, Kinderfesten, mehreren Vereinsvergnügen, Abendausflügen (als Mondscheinpartien bezeichnet) und Weihnachtsfeiern.

 

 

25-jähriges Bestehen im Jahr 1950

 

Zum 25. Bestehen im Jahr 1950 feierte der "Kleingärtnerverein Mittweida Ost" im damaligen Rosengarten auf der Oststraße 19. Wer teilnehmen wollte und sich für ein Essen eingetragen hatte, musste für 100g Fleischmarken und 5g Fett-Lebensmittelmarken abgeben.

 

Neues Vereinshaus & Elektrifizierung der gesamten Gartenanlage (1970 – 2000)

 

Im Jahr 1930 wurde bereits in den Unterlagen erstmals die Bewirtschaftung einer Gartenkantine erwähnt, jetziger Garten 46/47. Wann mit dem Hallen Bau am jetzigen Standort begonnen wurde, geht aus den Protokollen nicht hervor, über einen Umbau der Halle wird in den Jahren 1957 und 1958 berichtet. In den Jahren Anfang 1970 bis mitte 1980 waren die umfangreichsten Komplettierungen im Verein zu verzeichnen.

 

Die Vereinshalle, Gartenheim "Am Goethehain", in ihrer jetzigen Form mit massivem Anbau konnte 1971 eingeweiht werden. Anschließend wurde sie nochmals erweitert. Das Außengelände bekam eine neu Gestaltung (Beschaffung der Bänke und Stühle aus Massivholz). Der Bau des Bungalows auf dem Gelände der Vereinshalle wurde durchgeführt. Die Elektrifizierung der gesamten Gartenanlage bis in jeden Garten konnte abgeschlossen werden. Eine Neuverlegung der Wasserleitung für alle Gärten und eine winterfeste Leitung für die Vereinshalle war eine der wichtigsten arbeiten in dieser Zeit, um der Versorgung aller Mitglieder zu gewährleisten. Was die Nutzung der Gärten betrifft, so spiegeln sich im Rückblick auch hier die konkreten Umweltbedingungen wieder. Während des Krieges und in den ersten Nachkriegsjahren wurde aufgerufen zur Hühnerhaltung und Kaninchenzucht, zum verstärkten Anbau von Kartoffeln und sammeln von Heilkräutern. Wobei in der DDR-Zeit vorrangig der Wettbewerb zwischen den Vereinen bzw. Sparten mit den bekannten Leistungskarten im Mittelpunkt stand. Heute müssen wir darauf achten, dass der kleingärtnerische Charakter der Vereine mit dem Nachweis der Gemeinnützigkeit erhalten bleibt.

Seit mitte der 70iger Jahre ist der Verein Mitglied im Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter VKSK.

 

50-jähriges Bestehen im Jahr 1975

 

Mit viel Jubel feierten die Kleingärtner den 50. Geburtstag ihrer Anlage Kleingärtnersparte "Am Goethehain". Es war ein geselliges Fest mit viel Tanz und Musik. Natürlich war auch wieder bestens für das leibliche Wohl gesorgt. Gefeiert wurde im ehemaligen Haus der Freundschaft.

 

75-jähriges Bestehen im Jahr 2000

 

In diesem Jahr feierte der Verein sein 75-jähriges Bestehen mit einer ausgelassenen Feier. 45 Gartenfreunde waren in diesem Jahr schon so lange Mitglied im Verein, dass sie vor 25 Jahren zum 50. Gründungsfest auch schon mit dabei sein konnten. Auch ernste Worte sind gefallen und schwierige Probleme waren zu jeder Zeit in den 75 Jahren zu meistern:

Einbrüche, Diebstahl, Vandalismus in Gärten und Lauben. Gegenseitiger Diebstahl unter Gartenfreunden in schweren Zeiten, Beitragsrückstände, schlechter Bewirtschaftungszuständ der Gärten, ungenehmigte Bauten in den Gärten (Lauben, Schuppen, Ställe) und zu wenig Beteiligung an der Gemeinschaftsarbeit.

 

Nachwuchs & Verjüngung (2000 bis zur Gegenwart)

 

In den letzten Jahren waren alle Vereinsmitglieder fleißig am Werk, die Anlage zu erhalten und zu verschönern. Der Verein hat wie in allen Jahren seit seiner Gründung wieder Mitglieder gewonnen aber auch verloren. Es hat eine deutlichen Verjüngung der Mitglieder stattgefunden, was letztendlich auch ein großer Verdienst des Vorstandes ist. Dadurch wird hoffentlich auch in Zukunft der Nachwuchs und Bestand der Gartenanlage gesichert.

 

Vereinsvorsitzende (1925 – bis heute)

 

Von 13 Vorsitzenden wurde bis zum Jahre 2000 der Verein bzw. die Sparte geleitet. Am längsten in Folge war mit fast 20 Jahren bis Anfang der Sechzigerjahre der Gartenfreund Kurt Schönfeld als Vorsitzender tätig, er wird wohl besonders langjährigen Gartenfreunden unter uns ewig in Erinnerung bleiben.

 

Vorsitzende:

Max Kunze (1925-1931)

 

 

Vereinsbezeichnungen im laufe der Zeit

 

- 1925 "Schreberverein am Bismarckhain"

- kurz danach Gartenbauverein "Am Bismarckhain"

- in den 30iger Jahren Kleingärtnerverein "Am Bismarckhain" e.V.

- ab 1949 "Kleingärtnerverein Mittweida Ost"

- später "Kleingärtnersparte Mittweida Ost"

- ab mitte der 70-iger Jahre: Kleingärtnersparte "Am Goethehain"

- 10.September 1990 Kleingärtnerverein "Am Goethehain"e.V.

 

 

Quellenangaben:

 

Stadtarchiv Mittweida:  A2_I.IX.102_Seite 1 – Seite 184

Archiv Kleingärtnerverein "Am Goethehain"e.V.

 

Bildnachweis:

 

Stadtarchiv Mittweida: G3-1010, G4-2215, G4-2343, G4-2345, G4-2346

Bildband „Wechselvolle Zeiten Mittweida in den Jahren 1930-1960“: Seite 83, 103

Buch „Zur Geschichte der Stadt Mittweida“